Pandemic meets Talent Growth – why Covid-19 radically changes CEOs’ view on talent management

Im Juli hatte ich auf dem Heilbronner Online Strategie und Controlling Kongress einen Vortrag gehalten, der Impulse geben sollte, wie eine potenzialorientierte Denkweise in der Personalarbeit Unternehmen in der Krise stärken kann. Dabei habe ich ein (hoffentlich) flammendes Plädoyer dafürgehalten, dass Organisationen trotz der Pandemie eine stärkere Talentzentrierung in der digitalen Transformation wahrnehmen sollen und Talentmanagement dringend auf die CEO-Agenda gesetzt werden muss. Einige Woche später sah im täglichen News-Feed dann folgende Schlagzeile in der WirtschaftsWoche: „Talente finden und halten – durch die Coronakrise hat das für viele CEOs höchste Priorität“ (https://www.wiwo.de/erfolg/management/kpmg-studie-corona-hat-die-sicht-von-ceos-radikal-veraendert/26121034.html). In diesem Artikel wurden die Ergebnisse der Umfrage „CEO Outlook“ im Zeitraum Juli bis August 2020, die von KPMG erhoben wurde, dargestellt. Ich zitiere aus der Studie: „Vom Klimawandel ist plötzlich kaum noch die Rede. Stattdessen [ist] die größte Sorge der CEOs: Qualifizierte Mitarbeitende werben und halten zu können.“

Abgesehen davon, dass Lösungen für den Klimawandel auf keinen Fall mehr nachrangig behandelt werden sollten, haben mich die Ergebnisse der KPMG-Studie natürlich sehr gefreut und auch die Tatsache, dass mein Plädoyer offensichtlich gewirkt hat 😉 Doch wie kommt der Sinneswandel in deutschen Chefetagen zustande? Und wie können Organisationen der Sorge der CEOs Rechnung tragen? Existiert der War for Talents in Krisenzeiten? – es lebe die Neudefinition des War for Talents! In der Pre-Covid-19-Zeit war es eine der größten Herausforderungen der digital transformierenden Organisationen, die besten digitalen Köpfe zu gewinnen. Dann brachte der Lockdown den „War for Talents“ vermeintlich zum Erliegen. Viele Firmen strichen und streichen bis heute ihre Etats für Personalarbeit zusammen und frieren relativ schnell die Einstellungsprozesse auf unbestimmte Zeit ein. Es geht in vielen Branchen um das blanke Überleben. Die unternehmerischen Aktivitäten wurden auf Liquiditätsstärkung getrimmt. Ob das nur Organisationen sind, deren CEOs nicht an der Umfrage teilgenommen haben? Ich denke eher nicht. Leider nehme ich all zu häufig wahr, dass die Ambitionen der HR-Transformation, stärker mitarbeitendenorientierte Personal- und Führungsmodelle zu verankern, im Topmanagement zu schnell wieder verworfen und als Luxusprobleme deklariert werden oder schlichtweg an der mangelnden Umsetzung scheitern.

Die Gretchen-Frage ist daher für mich, inwieweit es sich ein Unternehmen leisten kann, eine nachhaltige Orientierung in einer schweren Krise fallen zu lassen. Was kommt nach der Verbesserung der misslichen unternehmerischen Situation? Wie geht es nach der Existenzsicherung weiter? Welchen Preis muss ein Unternehmen dafür zahlen, wenn eine wirksame Personal- und Führungsarbeit unter dem Krisenmodus leidet? In besagtem Vortrag habe ich die These aufgestellt, dass das Zurückdrängen der Talentzentrierung als Konsequenz einer Krisensituation nur die nächste Krise heraufbeschwört, nämlich eine Potenzialkrise. Und in diese können Organisationen im digitalen Zeitalter unabhängig von der Corona-Krise schlittern. Denn wie sollen die so wichtigen nächsten Schritte der digitalen Transformation gegangen werden, wenn das menschliche Potenzial in der Organisation fehlt oder nicht entfaltet wird? Ich bin der Ansicht, dass viele Unternehmen die Folgen der Pandemie und die weiterhin bestehenden Herausforderungen der Digitalisierung aus meiner Sicht nur schwer kompensieren können, wenn im Krisenmodus dem Mitarbeitendenpotenzial nur geringfügig Beachtung geschenkt wird.

Dass die Pandemie viele digitale Talente auf den Markt spült und damit den War for (Digital) Talents frühzeitig beendet, ist sehr unwahrscheinlich in Anbetracht des großen Bedarfs an digitalen Experten. Was also tun? Sehr spannend finde ich die Formulierung in der KPMG-Studie. Während viele Unternehmen auf der Suche nach den Top-Potenzialen zu sein scheinen, sprechen deutsche CEOs davon, für qualifizierte Mitarbeitende attraktiv sein zu wollen. Ist das nun der Abgesang der exklusiven Talente, die offensichtlich so rar sind, dass sich der Kampf um sie gar nicht mehr lohnt? Seit langer Zeit setze ich mich bei meinen Kunden für eine veränderte Talentdefinition ein. Für eine Talentdefinition, die den Trends der heutigen Arbeitswelt wie demografischer Wandel, gesellschaftlicher Wertewandel, Diversity, Verlängerung der Lebensarbeitszeit etc. gerecht wird. Organisationen dürfen das Talentmanagement nicht mehr nur in Bezug auf Schlüsselpositionen denken, sondern benötigen neue Wege, um viele Mitarbeitende bei deren beruflichem Wachstum zu unterstützen. Ich benutze hierfür gerne den Begriff der Talentökonomie, der die Notwendigkeit der bestmöglichen Nutzung von vielen Mitarbeitendenfähigkeiten im Unternehmen zum Ausdruck bringt. Und dabei geht es vor allem darum, die Stärken und Potenziale der Baby Boomer genauso wie die der jüngeren Generationen zu nutzen. Erfolgreiches, wirksames Talentmanagement ist intergenerational gedacht und schätzt gleichermaßen das Potenzial von Jung und Alt. Mit diesem Ansatz wird Talentwachstum zur unternehmerischen Maxime.

 

Firmenlenker aufgepasst: Talentwachstum als zentraler Pfeiler der Unternehmensführung

Talentwachstum Pyramide
Talentwachstum als Personal- und Führungsphilosophie

 

Qualifizierte Mitarbeitende werden zunehmend zum Schlüsselfaktor um Wettbewerbsvorteile. Die Nachfrage nach qualifiziertem Personal nimmt trotz Digitalisierung weltweit zu und gleichzeitig nimmt die Anzahl des Arbeitskräfteangebots ab. Wenn also der Paradigmenwechsel bei der organisationalen Talentdefinition weg von einer zu hohen Exklusivität gelingt, schaffen Organisationen, wie von den befragten CEOs gewünscht, einen größeren Talentpool, der ihnen bei der Bewältigung der organisationalen Herausforderungen im digitalen Zeitalter hilft. Wie kann ich die Herausforderung meistern, dass ich in einem dynamischen Umfeld die richtigen Talente gewinnen und halten kann? Eins ist für mich klar – ein paar motivierende Talenterlebnisse zu gestalten, ist ein sehr guter erster Schritt, reicht lange aber nicht für eine Nachhaltigkeit aus. Organisationen müssen verstehen, dass das Talentmanagement zum Baustein der normativen Unternehmensführung aufsteigen muss.

Talententwicklung und -förderung werden dann Teil der Identität einer Organisation werden. Das Talentwachstum stellt damit auch eine zentrale Führungsphilosophie dar und ist die Richtschnur für das individuelle und kollektive Verhalten von Mitarbeitenden und Vorgesetzten. Gleichzeitig brauchen wir für Talentwachstum auch neuartiges Führungsverständnis, das sich bei Bedarf von der traditionellen Vorstellung von Vorgesetzten und Untergebenen lösen kann. Dazu besteht auch die Notwendigkeit, die bisherige Trennlinie zwischen den Disziplinen Human Resource Management und Leadership aufzulösen. Für die erfolgreiche Umsetzung einer strategischen Talentwachstumsmodell müssen HR und Leadership als gemeinsame Quelle moderner Unternehmensführung miteinander verschmelzen. Talent Growth zielt auf die Entwicklung einer starken emotionalen Bindung zwischen Mitarbeitenden und dem Arbeitgebenden ab. Dadurch erhöht sich die Empfehlungsrate als attraktiver Arbeitgebender, wodurch weitere talentierte Kandidaten angezogen werden.

 

Das Fazit: Talentwachstum als unternehmerische Maxime verankern
Wird das Talentmanagement auch in Krisenzeiten, wie wir sie infolge von Covid-19 haben, an Bedeutung gewinnen? Ich bin sehr optimistisch! Organisationen können nur langfristig gestärkt aus Krisen emporkommen, wenn Sie Talente in ihren Reihen haben, die die wirksamen Veränderungen gestalten können. Daher ist ein zukunftsorientiertes Talentmanagement als tragende Säule der Unternehmensführung im Unternehmen zu verankern. Nur so sind Organisationen in der Lage, das Potenzial der Mitarbeitenden zu entfalten und neues Talent anzuziehen. Dabei darf Talentmanagement nicht (mehr) als institutionalisiertes Stellennachbesetzungsinstrument verstanden werden. Erfolgreiches Talentmanagement betrachtet das Potenzial der gesamten Organisation. Es zielt auf die Förderung der Lern- und Leistungsfähigkeit von einer möglichst großen Anzahl an Mitarbeiter*innen ab. Talentwachstum wird damit zum Baustein der Unternehmensphilosophie, die ihren Ausdruck in einer von u.a. Vertrauen, Wertschätzung und Authentizität geprägten Führungskultur findet. Lasst es uns anpacken!

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